Leserbrief an die taz

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Liebe taz!

Lange habe ich gezögert, aber da mich die aktuelle Debatte rund um den ACAB Text von Hengameh nicht loslässt, möchte ich Euch auch ein paar Zeilen dazu schreiben.

Über den Text kann und darf natürlich gestritten werden. Was wäre die taz ohne eine offene Debattenkultur. Für mich ist aber der eigentliche Skandal nicht der Text und der Streit um die richtige Interpretation, sondern die Tom-Buhrowisierung der taz. Was ist da los bei Euch im Haus? Wie kommt Ihr dazu, Euch für die Publikation eines Textes zu entschuldigen, nur aufgrund eines Aufschreis und aus rechten und konservativen Kreisen? Wieso werft Ihr Eure Autorin der Meute zum Fraß vor?

Habt Ihr nicht auch vor kurzem noch den Umgang des BR mit Richard Gutjahr kritisiert? Und habt Ihr nicht auch Tom Buhrows Entschuldigung für das Umweltsaulied verurteilt? Und dann war da ja auch noch die Causa Böhmermann…

Und was ist mit den Texten eines gewissen Deniz Yücel, sein Buch „Wir sind ja nicht zum Spaß hier“ liegt grade neben mir. Da müsstet Ihr Euch ja jetzt auch noch schnell im Nachhinein für den ein oder anderen Text entschuldigen, oder?

Ihr seht, diese Entschuldigung treibt mir als Genossenschaftsmitglied und langjährigem Abonennten die Sorgenfalten auf die Stirn, weil ich mich frage, was als nächstes kommt. taz nur noch weichgespült? Artikel lieber nicht publizieren, weil man könnte ja einen Shitstorm auslösen? Eigentlich war doch immer das Credo der taz, möglichst große Vielfalt abzubilden und auch unangenehme Meinungen (auch im eigenen Hause) auszuhalten.

Wir würde ich handeln, wäre ich Hengameh? Der Umgang mit ihr ist meiner Meinung nach nicht nur ein journalistischer Offenbarungseid, sondern auch ein unglaublich schlechter Führungsstil. Wenn ich solche Chefs hätte, würde ich kündigen. Hengameh hätte mein absolutes Verständnis, wenn sie der taz den Rücken zukehrt.

Ich ringe tatsächlich zum allerersten Mal mit mir, ob ich Abo und Genossenschaftsanteil kündigen soll. Vor allem auch, weil es mir scheint, dass es im aktuellen Streit nur um die Interpretation & Qualität des Textes geht, aber nicht um die Entschuldigung der Chefredaktion und ihren Umgang mit der Autorin.

Noch habe ich keine endgültige Entscheidung für mich getroffen, denn die Debatte läuft ja noch. Ich bin gespannt, wie sie ausgeht.

Viele Grüße

Gunnar

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